Freie Fahrt – car2go im Selbstversuch

Das Konzept, kein eigenes Auto zu besitzen, erscheint mir befremdlich. Weil ein Auto doch eben weit mehr ist als bloßes Transportmittel von A nach B. Ein Auto ist für mich Lebensraum. Mit dem Inhalt meines Kofferraums würde ich sicher auch zwei Wochen ohne Kontakt zur Außenwelt gut überleben, er ist eine Mischung aus Kleiderschrank und Abstellkammer. Was, wenn ich nicht mehr ständig Zugriff auf die Dinge hätte, die ich eben gerne mal spontan brauche? Kameraausrüstung, Werkzeug, ein zweiter Satz Klamotten? Ich könnte es mir wirklich nicht vorstellen.

Da kam es gerade recht, dass car2go – Markführer der neuen Generation des Carsharings, eine neue Telematik-Generation eingeführt hat und mir das Ganze in Wien zum Test anbot. Denn die Situation ist freilich eine andere, wenn man in eine fremde Stadt kommt. Etwa mit dem Flugzeug. Der Airport ist meist weit außerhalb der Stadt, man muss seinen Koffer an den nächsten Bahnsteig zerren, mit unbekannten Fahrkartenautomaten kämpfen, um dann nach der dritten Station in der völlig überfüllten und stickigen Bahn festzustellen, dass man in die falsche Richtung fährt. Ähnliches gilt für das Taxi. Mürrische Fahrer, lebensverachtender Fahrstil und dazu diese unvergleichlich schweißtreibenden Kunstlederpolster, auf denen jede Uniklinik ihre Freude dran hätte, die dort Parties feiernden Bakterienkulturen zu katalogisieren.

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Die Lösung? Ein Mietwagen. Aber nicht im klassischen Sinne, sondern: free-floating. Ein feines neudeutsches Wort, was nichts anderes heißen soll als: mieten, fahren, abstellen, vergessen. Keine Bürokratie, keine Unterschriften, kein Gefeilsche um den Tankfüllstand und aufwändige Rückbringprozedur. Stattdessen einfach mit der App ein Auto gesucht – am Flughafen stehen sie zumeist in den Terminal-nahen VIP-Parkhäusern, Code am Fahrzeug ins Handy getippt und das Auto entriegelt sich.

Das eigene (wenn auch nur temporär) Auto in der fremden Stadt hat seinen Reiz. Die eigene Klimaanlagentemperatur, die eigene Musik, der eigene Fahrstil – herrlich. Zumal die car2go-Smarts recht üppig ausgestattet und in Sachen Infotainment mit großem Navi, Bluetooth-Freisprecher und Soundsystem voll auf der Höhe sind.

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Auch in Sachen Fahrleistung sind die kleinen Fortwo der alten Baureihe – die neuen Modelle halten nun nach und nach Einzug, in Hamburg gibt es bereits die erste Testflotte – durchaus fröhlich. Natürlich zählt hier der Mietwagenbonus, schließlich ist das geliehene Auto immer das schnellste, doch für das innerstädtische Streetsurfing eignen sich die kernig, quirligen Dreizylinderturbos mit dem sequenziellen Getriebe einfach wunderbar. Dem Stau auf der Zubringerautobahn entgehst du durch eine Abkürzung durch die Vorstadt, die gesperrte Donaubrücke wird durch einen Abstecher durch das Containerterminal am Hafen umfahren. Am Ende parkst du dann direkt am Belvedere, nimmst den Koffer raus, steckst den Schlüssel in die Halterung das Lenkrad und tippst auf der App „Miete beenden“. Fröhlich blinkt der Smart und die App vermerkt: Mietpreis 14,90€. Für eine Stunde Fahrt, ohne versteckte Kosten. Der Nahverkehrszug hätte einen Zehner gekostet, der Express wäre schon teurer gewesen. Vom Taxi ganz zu schweigen. Vom Fahrspaß sowieso. Carsharing kann also doch etwas für Autoliebhaber sein.

 

 

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