Fahrbericht: Nissan Qashqai 150PS Diesel

Nomade aus Japan. Automobil-Hersteller geben ihren Autos bevorzugt Namen, die eine gewisse Assoziation hervorrufen. Bei Volkswagen bekam der erste Offroader den Namen “Touareg” – damit war dann gleich einmal klar gestellt: Hier kommt ein echter Offroader.  Denn das Volk der Tuareg lebt in einer für uns Mittel-Europäer unwirklichen Landschaft aus Wüsten und Geröllwegen und daher passt der Name (theoretisch) perfekt auf einen Offroader.  Beim Nissan Qashqai liegt die Erklärung ähnlich, wenn auch nicht ganz so leicht zu erkennen.

Das Volk der “Kaschgai” ist ein Nomadenvolk mit der Heimat zwischen dem Iran und der Türkei.  1982 wurden zuletzt 200.000 Angehörige des Volkes der Kaschgai gezählt – mit den bisherigen Verkaufszahlen des Qashqai von Nissan könnte man allerdings jedem “Nomaden” mehrere Qashqai vor das Zelt stellen.

Der Erfolg des Kompakt-SUV. Kein Fahrzeug-Segment ist derzeit erfolgreicher, als das der kompakten SUV-Modelle. Übersichtliche Alleskönner. Gerne auch mal mit Allrad, Platz wie in einem Kombi, mehr Bodenfreiheit um auch abseits der befestigten Wege die eigene kleine Freiheit im Alltag zu finden.

Kompakte SUVs sind zu einer Art Seelenbalsam für die geschundene Autofahrer-Seele geworden. Man sitzt aufrecht und mit einem weiten Blick überschaut man den Stau vor sich und in Gedanken hat man bereits mit viel Schwung die Leitplanke des Alltags durchbrochen und den Stau dank Allradantrieb über den Acker der Glückseligkeit umfahren. Im Herzen sind wir doch alle Nomaden auf der Wanderschaft, oder Cowboys die auf dem Rücken ihres Blech-Pferdes voller Melancholie in die Abendsonne blicken…

Mit dem Qashqai im Dschungel zwischen Aschaffenburg und Würzburg unterwegs:

Auf der Suche nach neuen Wegen!

Nissan Qashqai über Maintal

Kompakter SUV: Im Gegensatz zu Herstellern die diesen Trend verschlafen haben, gehört Nissan mit dem Qashqai bereits seit 2007 zum Establishment der “Kompkat-SUV-Klasse”. Klasse gemacht mag man da laut denken und sich über den Erfolgswagen der Japaner freuen.

Diesel und Allrad:  Kein Diesel? Kein Erfolg in Deutschland. Der Qashqai jedoch bietet neben den weniger sinnvollen Benziner-Modellen auch Diesel-Varianten an. Die von mir gefahrene 2 Liter Variante mit 150 PS steht als Top-Motor zur Verfügung. Darunter rangieren der bereits ältere 1.5 Diesel mit 110 PS und der erst in diesem Jahr auf den Markt gekommene 1.6 Liter Diesel mit 130 PS. Den 150 PS starken Diesel gibt es immer mit Allrad und einer Sechsgang-Automatik. Den 1.5 Diesel hingegen nur mit Frontantrieb und nur mit einem manuellen Schaltgetriebe. Beim 1.6 Diesel kann man zwischen Allradantrieb und Frontantrieb wählen, eine Automatik steht jedoch auch bei ihm nicht zur Verfügung.

Wer die Wahl hat: Typisch japanisch, die Ausstattungslinien und die jeweils sehr kurze Sonderausstattungsliste. Mein Testwagen kam als “Acenta” zum Dienst. Darunter rangiert die “Visia” getaufte Einstiegsvariante und darüber die “Tekna” genannte Top-Ausstattungslinie. In diesem Jahr noch hinzugekommen, die Ausstattungslinie “I-WAY”.

Eine klare Kaufempfehlung für den richtigen Motor und die vernünftigste Ausstattungslinie gebe ich am Ende des Fahrberichtes.

Wer sich an meinen ersten SUV-Fahrbericht erinnert, der weiß: “Einen SUV, wollt ich nie!”  Das hat sich mittlerweile geändert, vom SUV-Hasser zum SUV-Freund. Ob ich mich auch mit dem Qashqai von Nissan anfreunden konnte?

Nissan Qashqai Frontansicht

Wer braucht so einen SUV? Wer will so etwas? Ist so ein Pseudo-Geländewagen eigentlich für “irgendwas” gut? Das und meine persönliche Punkte-Bewertung – nun hier im Fahrbericht über den Nissan Qashqai Acenta 2.0dCi 4WD Automatik

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  • Modellbezeichnung: Nissan Qashqai
  • Ausstattung:  Acenta
  • Testwagenpreis: 31.540€
  • Grundpreis Baureihe: 19.790€  (117 PS Benziner)
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  • Hubraum: 1.995 ccm³
  • Leistung: 150 PS
  • Höchstgeschwindigkeit: 188 km/h
  • Beschleunigung: 0-100: 11,0  Sekunden
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Nissan Qashqai Front

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Das will er sein:

Ein unkonventioneller Crossover mit Rundum-Durchblick

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Das kann er:

Den Nomaden in uns auf die große Städtetour mitnehmen.
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Das kann er nicht:

Mangels Bodenfreiheit und echten Sperren, wirklich jede Wüste durchqueren.
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Nissan Qashqai Schnauze

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Design Außen: unaufgeregt

Abgesehen von der Motorhaube die eine Hommage an den 300 SL von Mercedes bereit hält, alternativ auch an die Haube des sportlichen Bruders in Coupéform, dem 370Z erinnert – bietet der Qashqai äußerlich nur wenige Highlights.

Nissan Qashqai Rücken Namensschild

LED-Rücklichter mit LED-Bremslichtern, Rückfahrleuchte und Blinker in Standard-Halogenversion.

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Design & Haptik Innen: back in black

Wieder einmal zu viel schwarz, nur unterbrochen von silber lackiertem Plastik, das zum Glück gar nicht erst aussehen will, wie Aluminium. Es bleibt bei meinem Standard-Vorwurf bei japanischen Automobil-Herstellern: Mehr Detail-Liebe im Innenraum. Ausgenommen in diesem Fall: Das Panel für die Klimaanlage. Logisch gruppiert, gut zusammengefasst und mit einem taktilen Feedback das lobenswert ist.

nissan Qashqai Fahrertür innen

 

 

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Nissan Qashqai rücksitzbank

Fahrleistungen & Fahrgefühl: solide & leise

Trotz der SUV-Straßenlage und den Winterreifen mit hohem Querschnitt, vermittelt die Lenkung des Qashqai einen verbindlichen Eindruck von der Straße, fast bin ich geneigt zu sagen: Der Qashqai fährt sich sportlich für einen SUV. Das Setup des Fahrwerks fühlt sich vor allem auf der Autobahn extrem gelungen an.

Nissan Qashqai Heckansicht

 

Alltagsfaktor: überblick behalten

Den umfangreichen Alltag eines Familienwagens zu meistern, das gelingt den kompakten SUV besonders gut. Der im Normalfall 410 Liter fassende Kofferraum lässt sich durch die große Heckklappe toll beladen, die Ladekante  ist angenehm in der Höhe und alle Passagiere genießen den leicht erhöhten Rundumblick. Im Falle des Qashqai kommt noch ein feines Feature hinzu: AVM. Was sich anhört wie ein Modemhersteller aus Berlin, ist die Abkürzung für “around view monitor” und beschreibt die Tatsache, dass man mit 4 Kameras ein sauberes Bild von der Umgebung des Qashqai erhält.  Dargestellt auf dem Navi-Monitor lässt sich der SUV damit erstaunlich zielsicher einparken.

Nissan Qashqai Kofferraumvolumen

Klappt man die Rücksitze um, erhält man eine fast ebene Ladefläche und mit 1.513 Liter Ladevolumen genug Platz für den nächsten Umzug!

 

Serien-Ausstattung: abgedunkelt

Natürlich hat es seine Vorteile, wenn man Ausstattungen in Pakete zusammen fasst. Vor allem natürlich im Fertigungsprozess für den Hersteller. Aber es hat eben auch massive Nachteile, nämlich dann, wenn man dezidierte Ausstattungswünsche hat, diese aber nur dann erfüllen kann, wenn man gleich ein gesamtes “Paket” kauft.  So ist das Xenon-Licht nur in der Tecna-Variante erhältlich und wer sich den Luxus  eines Regensensors gönnen will, muss ebenso mindestens die Variante Acenta wählen.

Im Falle des gefahrenen 2 Liter Diesel mit Allrad und Sechsgang-Automatik ist es nur ärgerlich, dass man fast 5.000 € Aufpreis zahlen muss, damit man zu den gewünschten Xenonscheinwerfern kommt.

Für alle anderen Details der Ausstattungspakete spreche ich Nissan jedoch ein deutliches Lob aus. Besonders fein: Eine Bluetooth Freisprecheinrichtung ist bereits in der Basis-Ausstattung Visia in Serie vorhanden!

 

Nissan Qashqai motor

 

Motor: 2.0l Diesel

150 PS und 320 Nm werden vom zwei Liter Vierzylinder-Dieselmotor vorgehalten.  2006 vorgestellt, gehört der Dieselmotor des Qashqai zu den effizienteren Dieselmotoren am Markt. Er findet ebenso Verwendung im Renault Laguna wie im Nissan X-Trail und wird dort mit einer Leistung von bis zu 180 PS angeboten.

Besonders bemerkenswert ist die Laufruhe und die, für einen Diesel, angenehme Akustik.  Während meiner Testfahrt zeigte sich der 16-Ventiler Diesel besonders sparsam. Mit niedrigen 5 Litern lässt sich der Alltag meistern. Flotte Autobahn-Etappen verlangen, trotz des großen SUV-Aufbaus auch nicht deutlich über 8 Liter auf 100 km. Ergo: Ein sehr guter Vierzylinder-Dieselmotor!

 

Getriebe: 6-Gang Automatik

Während sich der Schalthebel “günstig” anfühlt, macht das Automatikgetriebe einen extrem guten Job. Auf ruhige Schaltwechsel getrimmt, vermeidet es hektische Schaltmanöver und lässt den Qashqai lieber von seinen 320 Nm Drehmoment leben. Kickdown-Befehle setzt es jedoch zügig um, im Zweifelsfall auch einmal in dem es zwei Gänge überspringt. Wer ruhig im Verkehr mit schwimmt, wird von den geschliffenen Gangwechsel des komfortablen Automaten nichts mitbekommen.

 

Nissan Qashqai Navi AVM

Multimedia & Audio: Volltreffer

Der Sound aus den putzigen Lautsprechern wird Audiophile Genussmenschen enttäuschen, für diese steht jedoch in der Tekna-Ausstattungslinie ein Bose-Paket mit 7 Lautsprechern zur Verfügung.  Eine Empfehlung ist das im Testfahrzeuge verbaute “Nissan Connect” System. Für 750 € bekommt man ein 5 Zoll Touchscreen-System mit Navigation, USB-Schnittstelle, Bluetooth-Audio Streaming und Rückfahrkamera. Für 1.150 € anstellte der 750 € enthält das System, wie im Testwagen, das Nissan Around View Paket. Wie im Bild (unten) zu sehen, bekommt man durch die 4 Kameras ein sauberes “Umfeldbild” geliefert. Praktisch wenn man wissen will, wie weit der Zaun vor einem wirklich weg ist, wie viel Platz auf dem Feldweg nach links und rechts noch bleibt – oder um zu prüfen, wie weit der Bordstein weg ist.

Das Verhältnis aus Preis- und Leistung stimmt im Falle des “Nissan AVM Connect” System auf jeden Fall!

 

Nissan Qashqai AVM

Around View Monitor: Was ist das genau?

Vier Kameras liefern ein Rundum-Bild – dargestellt wird das immer auf dem 5 Zoll großen Monitor des Nissan Infotainment-Systemes. Eine Kamera sitzt vorne direkt im Nissan-Logo. Die beiden Kameras für die Bilder der Wagenseiten sitzen in den unteren Spiegelkappen. Und die vierte Kamera, wie gewohnt für eine Rückfahrkamera, hat ihren Platz in der Heckklappe.

Das Around View Monitor System ist in der Fahrzeugklasse etwas besonderes.  Mehr Punkte für dieses feine Feature würde es geben, wäre der Monitor größer und die Auflösung der Kamerabilder noch besser!

 

Nissan Qashqai AVM Kameras

Der Kostenfaktor:

Wer sich bei der Auswahl seines Qashqai ordentlich zusammenreißt, der bekommt bereits für 19.790 € einen kompakten 110 PS starken SUV mit viel Platz, einer vernünftigen Übersichtlichkeit und gutem Fahrkomfort, wenn auch nur mit Frontantrieb.

So richtig froh wird man in meinen Augen allerdings nur mit dem 150 PS starken Diesel, dem 4×4-Allradantrieb und der Sechstufen-Automatik –  und hier ruft Nissan, wie im Falle des Testwagens – 29.490 € auf.  Im Vergleich mit dem Primus (Tiguan) von Volkswagen sind das immer noch lockere 5.000 € weniger. Wenn auch die Aufpreispolitik aufgrund von “Paketzwang” nicht besonders attraktiv ist, macht der Nissan hier doch ein gute Figur!

 

Nissan Qashqai Serienbild

Kurz erwähnt:

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Halogenlicht:

Der Qashqai kommt mit modernen DE-Scheinwerfern, aber weniger erfreulicher Halogen-Lichttechnik zum Test. Für Fahrzeuge der “knapp 30.000 €” Klasse sehe ich eine einfache Option für “Xenonlicht” als notwendig und zeitgemäß an!
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Allradantrieb:

Nasse Straßen, Laub, Feldwege, der Winter und ähnliche Situationen lassen sich mit dem zuschaltbaren Allrad des Qashqai problemlos meistern. Untersetzung oder gar eine Differential-Sperre gibt es hingegen nicht.
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Haptik:

Die Verarbeitung ist tadellos. Nur – wie immer und immer wieder: Es fehlt einfach an der Liebe zum Detail. Wobei der Qashqai besonders mit dem Klima-Bedienpanel punkten kann. Dieses ist logisch aufgebaut und angenehm in der Bedienung.
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Garantie:

Nissan bietet 3 Jahre Garantie. In Anbetracht des Drucks aus Korea könnte das schon bald nicht mehr genug sein. Im Vergleich zu deutschen Premium-Herstellern ist es jedoch noch deutlich attraktiver, als die dort nur 2-Jährige Garantie!

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Nissan Qashqai Weinberge

Fazit:

Es war einmal…” So fangen nicht nur alle Märchen an, so muss ich in der Zukunft auch über meine Abneigung  und meine Vorurteile gegenüber kompakten SUVs sprechen.  (Ja, ich hab diese Formulierung – so oder sehr ähnlich –  bereits beim DS4 und beim Kia Sportage benutzt 🙂 – aber es trifft nun einmal auch hier zu!)

Eigentlich wollte ich doch nie SUV fahren, aber diese Fahrzeuge bieten eine extreme Bandbreite aus Komfort, praktischem Nutzen und – das ist neu – es gibt sie sogar richtig sparsam. Im Falle des “Wandersmann”, des Nomaden von Nissan – war der Verbrauch gerade zu erschreckend gering. Das ich trotzdem im 150 PS starken Diesel unterwegs war, konnte ich jedoch oft genug auf der Autobahn erfahren.

Ein echter, universeller Vielzweck-Kraftwagen – nicht nur für Nomaden!

Das Fazit:

Da gibt es keinen Spielraum  für Diskussionen:  Die Punkte ergeben ein Gesamt-Ranking und sind über alle Fahrzeugklassen vergleichbar – da direkt objektiv auf Modellklasse und Zielgruppe eingerichtet. Je mehr Punkte, desto besser ist das Fahrzeug. Ein Sportwagen kann keine 100 Punkte erreichen, weil der Alltagsnutzen gering ausfällt. Ein Familien-Van fällt eventuell in der “Straight-Performance” durch. Das Ranking ist natürlich ein völlig subjektives – es ist das mein-auto-blog Ranking. Bjoern Habegger

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Mein Testurteil ist  unverkäuflich und wurde daher ohne Einfluss und Kontrolle des Herstellers erstellt!
Dennoch: Danke an Nissan Deutschland  für das Testfahrzeug.

Text/Fotos: Bjoern Habegger | autohub.de | 2012 |

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