Fahrbericht: Herzensbrecher – Fiat 500S 0.9 Twinair

„Mattlack, das ist ja sowas von 2012…“ – bis plötzlich der Fiat 500S in Alpi Verde vor dir steht.

Nachdem jetzt auch der letzte Premium-Hersteller auf den Zug der matten Lackierungen aufgesprungen ist, hat sich dessen Fahrt mächtig verlangsamt. In allen shades of grey haben wir es nun gesehen, ob günstig foliert oder aufwändig gespritzt – irgendwie ist der Trend keiner mehr.

Und dann kommt ganz normal der kleine Fiat und trägt Nato-oliv. Sie nennen es natürlich wunderbar anders, aber die Präsenz wird dadurch nicht zaghafter. Das gelbe (!) Lederinterieur macht es nicht weniger auffällig.

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Der 500S ist also ein Knaller. Mit den großen Lufteinlässen, Spoilerleitwerken an Front und Heck, wie den dunklen Scheiben und abgefinsterten Chromakzente macht er zudem auf böse. Rote Bremssättel und Akzente auf den mattschwarzen Sechzehnzöllern besorgen den Rest.

Die vor einem Jahr modellgepflegten LED-Lampen an Front und Heck kommen in diesem Umfeld nun noch besser zur Geltung, besonders wenn man die grimmigen Xenon-Linsen in der Aufpreisliste anhakt. Überhaupt ist es der Preis, den man gleich zu Beginn verdauen muss: knapp 22.000 Euro notiert unser Testwagen stumm und ein wenig verschämt auf dem Beipackzettel. Wahrlich viel Geld für so wenig Auto. Doch der 500S mit seinem 105 PS-Twinair-Motor sorgt bereits im Stand dafür, dass der Schmerz über den mächtigen Preis schnell vergessen wird.

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Im Innenraum empfängt er dich in einer dunklen Höhle dank des schwarzen Dachhimmels, die Sportsitze tragen die gleichen gelben Lederakzente wie die Türtafeln, dazu ist das Lenkrad sportlich ausgeformt und der Schalthebel des Sechsgang-Getriebes liegt wie gewohnt hoch zur Hand. Wunderbar frisch kommt das neue Uconnect Live HD-Navi daher – kein Vergleich zum ähnlichen System in den großen Geschwistern – die Konnektivität per Kabel und Bluetooth klappt wunderbar und die 440 Watt des Beats-Soundsystems mit fettem Subwoofer schieben im Stand mindestens so gut wie der 0.9 Liter Zweizylinder.

Denn: er hinkt noch immer etwas über der Leerlaufgrenze. Einmal in Fahrt, ist er dann aber jener Quell der Freude, der er immer gewesen ist. Vielleicht sogar der fröhlichste Motor, der derzeit für Geld zu kaufen ist? Sein Tremolo – dieses wunderbare Prötteln, der entfernte Sound eines Ducati-V2 oder einfach die Kindheits-Erinnerung, als wir noch den Lutscherstiel in die Fahrradspeichen gesteckt haben, herrlich. Dabei bist du immer erstaunlich hochtourig unterwegs, weil das abgestumpfte Vierzylinder-Ohr einfach zu wenige Zündvorgänge hört und die stets auf halber Drehzahl wähnt. Das ist aber kein Problem, denn erst oben auf der Leiter der Umdrehungen feuert der Twinair seine ganze Kraft ab. Hier oben blüht er auf, reißt fast schon gierig an und wirft den kleinen 500 locker aus den Ecken und wuchtet ihn bei Bedarf mit knappen 200km/h über die Autobahn.

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Dass das nicht sein bevorzugtes Terrain ist, dafür kann der 500S natürlich nichts. Sein kurzer Radstand und der hohe Aufbau fühlen sich mehr der Stadt verpflichtet als der Langstrecken-Brennerei. Ein abruptes Bremsmanöver aus vollem Lauf, weil ein Ausscherender den kleinen Matten übersehen hat, endet gerne mit schweißnassen Handflächen und wagenradgroßen Augen. Er wird dann schon sehr leicht auf der Hinterachse, beginnt ein Tänzchen, gerne auch zwei. Mit der Lenkung ist das Ganze nicht wirklich einzufangen, zu wenig Rückmeldung gibt sie dir, weil alles Gefühl in der massiven Servounterstützung erstickt wird.

Doch er ist eben ein Kleinwagen, ein Herzensbrecher und keiner für den Rundenrekord. In der Stadt rückt er die Welt dann auch wieder gerade: schnell an der Ampel, treffsicher in allen Lücken und locker mit einem Finger einzuparken. Dazu der passende Beat aus dem Auspuff und die Welt ist wirklich sehr in Ordnung.

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