G-eschichten aus erster Hand. Das G-Modell und der Vertrieb

Unser Vertriebsvorstand Heinz C. Hoppe hatte kurz vor der Einführung des G ob des neuen hohen Preises gesagt „das Kind liegt im Brunnen, wir machen jetzt einfach das beste draus“.

Also beschloss man, ein kleines Team zu installieren, um den G zu begleiten, bis die operativen Marktbereiche ihn als normalen Bestandteil des Verkaufsprogramms PKW akzeptiert hätten. So entstand VGW, kurz für Vertrieb Geländewagen. Mit der Leitung beauftragte man Karl E. Henle, der vorher der Stuttgarter in der Geschäftsleitung der Merfag in Schlieren gewesen war. VGW hing am Exportchef Everhard Herzog.

Ich war damals in der Marktforschung und hätte nichts gegen einen Tätigkeitswechsel gehabt. Ich hatte den Herrn Henle auf dem Genfer Salon getroffen. Ich kannte ihn von meinen früheren Aktivitäten als Transportberater in der Schweiz und er fragte mich, ob ich mit ihm VGW machen wolle. Ich sagte zu. Relativ rasch danach fing ich bei VGW an.

Für uns war alles neu. Wir lernten viele Leute im Nutzfahrzeug-Versuch kennen, die uns bei allen technischen Dingen halfen. Der Kundendienst konnte noch lange nicht G und das Ersatzteilwesen hatte noch keine Teile.
Wir waren ja noch ein Stück von der Serienproduktion entfernt. Wir hatten Zugriff auf ein paar Vorserienfahrzeuge und die im Versuch waren so nett, sie für uns zu reinigen (Omnibus-Waschhalle unter Verrechnung von Versuchsstunden zu DM 250….). Wir haben dann zum Glück eine Waschstrasse beim Autohof in Hedelfingen gefunden, wo wir den G zu normalen Preisen waschen konnten. Für Wartung etc genehmigte Herr Herzog für 1980 ein Sonderbudget von DM 100.000, damals ein ardentlicher Batzen. Davon wurden erstmal 50.000 zum Verbrauch bis und mit Juni frei gegeben. Als dann unser Geldmann Hopfensitz Ende Juni auf die Kontierung schaute, war sie mit DM 750.000 belastet. Uppps! Da hatten die Kollegen im Versuch wahrscheinleich öfter mal, wenn es um Unvirhergesehenes ging gemeint „ha, mir hänt doch da nos so e Vertriebskontierung“, Ich vermute, die Kleinserie professioneller Gartengrills in feinstem V4A-Stahl für die Granden der Nutzfahrzeug-Entwicklung war auch so finanziert worden. Die Kontenbewegung waren nicht nachzuvollziehen. Zum Glück war Eberhard Herzog ein pragmatisch veranlagter Mensch und er sagte: „Buebe, dees geld isch weg, dees finde mir nemme“. Im 2. Halbjahr musste dann jede Bewegung von Hopfensitz genehmigt werden und es lief ordentlich.

Ich hatte eine tolle Zeit. Es war hoch interessant, etwas ganz neues zu betreuen und dabei die Brücke zwischen Nutzfahrzeug-Entwicklung und PKW-Vertrieb zu schlagen. Der Absatz war sehr niefrig und ich kannte die Geschichte vieler G. Wenn ein Kunde beim Daimler anrief und es ging um G, wurde er an mich weiter geleitet. So landete der bei mir, der kurz hinter Baden-Baden ohne Sprit liegen geblieben war und meinte, wir sollten einen grossen Tank einbauen.

Oder der, der in einer Autobahnausfahrt bei nasser Strasse zu schnell war, über alle viere nach aussen rutschte, wo die Leitplanke seinen G in die Kniekehlen trat und er auf die Seite kippte und es auf eine vermeintlich versagende Lenkung schieben wollte. Er drohte mit Rechtsanwalt und dait, die neu bestellte S-Klasse nicht abzunehmen. Ich habe erst mal mit dem Händler in Aschaffenburg gesprochen, der meinte, er solle erst mal den G bezahlen, vorher gebe es sowieso keine S-Klasse. Ich habe dann mit ihm und dem Rechtsanwalt gesprochen und da er sich ab und zu verplapperte, konnte ich das eigentlich elegant abbiegen. Er war aber so clever gewesen, sich auch noch direkt an den Vorstand zu wenden und bekam dann doch noch eine Art Schmerzensgeld auf die Kralle. Das hat mich geärgert, aber seitdem weiss ich, auf welchem Niveau man einsteigen muss, wenn man von einer grossen Firma etwas will.

KE Henle liess mich ziemlich frei laufen und alles war eigentlich locker und flockig. Er machte die Dinge, für die man einen Hierarchen braucht, seine Frau fuhr an den Wochenenden mit einem unserer G bei Geländewagen-Veranstaltungen mit. Henle erfand Sprüche wie „Mit dem G, das ist fein, fährst du über Stock und Stein“ und alles war in Butter.

Bis HC Hoppe mal wieder in Italien war und mit dem Dottore Boccanelli über das Nutzfahrzeuggeschäft sprach. Magirus-Deutz war auf seine letzten Tage vor der Integration in Iveco sehr aggressiv unterwegs und tat uns weh. Sie drückten ihe LKW mit dem 340PS-V12 mit aller Macht in den Markt. Den V12 haben sie in Italien rot lackiert und ein roter V12 kommt in Italien sowieso gut an. Der Dottore meinte „Makowitzki ist Chef von Magirus-Deutz Italia und ist böses Mann“. Also hat Herr Hoppe böses Mann eingekauft.

Was machen wir mit dem? Vertrieb Geländewagen! Und so sass ich nun mit 2 Chefs da, einem rechts und einem links von meinem Büro. Dem einen hat man gesagt, er macht es, dem anderen hat aber keiner gesagt, dass er es nicht mehr gemacht. War ja auch nicht so einfach, seine Frau war eine nichte vom Aufsichtratvorsitzenden. Heikle Sache. Da aber beide zum Glück Niveau hatten, ging es eigentlich. Nicht auszudenken, das wären 2 Frauen gewesen. Makowitzki fand die Situation blöd und hinderlich, aber Henle litt richtig. Das ging 1 Jahr und so weit, dass er einen Herzinfarkt erlitt. Er hat ihn zum Glück überlebt und ging nach dem Krankenhaus erstmal 3 Wochen zur Kur auf die Mettnau. In der Zwischenzeit hat dann Mako Boden gut gemacht.

Und so ging dann Henle zum Herzog und sagte, er halte das nicht mehr aus, er brauche einen anderen Job. Es machte schwupps und er war in Griechenland, um für unseren dortigen Partner Fostiropoulos Schulden in den Emiraten einzutreiben.

Ab dann waren es nur noch Mako und ich.

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