Erste Fahrt: Nissan Leaf 30kWh

[=” ” ]Update: Die Bundesregierung hat nun die Förderung der E-Mobilität beschlossen. Wir aktualisieren daher noch einmal die E-Auto Artikel, Tests und Fahrberichte. Dieser Original-Artikel stammt vom 17. Oktober 2015 

Jetzt länger sparen

Der Col de Turini ist auch nur eine Passstraße in den französischen See-Alpen. Nichts, was man kennen müsste. Wenn man die D2566 von Sospel folgend in den Norden fährt, dann kreuzt man auf 1.607 Metern, auf die D70 wechselnd, diesen Pass. Ein kleines Hochplateau, eine staubige Kreuzung, ein paar alte Häuser. Eben, nichts was man kennen müsste. Wirklich. Es sei denn, man ist Rallye-Fan. Dann kennt man diesen historischen Ort, diese legendäre Wertungsprüfung der Rallye Monte Carlo. Muss man kennen! Einst jagte hier auch ein gewisser Walter aus Regensburg, Turbo zischend, Allrad fräsend, die Berge hoch. Heute summen wir ein elektrisches Loblied!

Fahrbericht Test 011 Nissan Leaf 2016 30 kwh

Nissan Leaf 2016 (30kWh) im Fahrbericht

Nicht reden, machen!

Eine neue Batterie also. Größer. Wer sich mit E-Autos nicht beschäftigt, der wird sich fragen, wieso eine Batterie so einen Fahrbericht rechtfertigt. Holen wir ein wenig aus. Der Nissan Leaf ist nicht viel weniger als “das Elektroauto” auf dem Markt. Das meistverkaufte. Ein Käfer der Moderne, sozusagen. Nur ohne Abgase. Und wenn man über E-Autos spricht, dann kommt im zweiten Satz immer: “Aber, die Reichweite.” Stimmt. Reichweite ist ein Problem. Noch. Da hilft es auch nichts, wenn man den statistischen Mittelwert zu Hilfe zieht. Mehr als 50 km fährt “die Statistik” nämlich nicht am Stück. Doch auch Elektroautos werden nicht von Statistiken gekauft, sondern von Menschen. Und da ist das Reichweiten-Problem eben ein reales. Ein existierendes. Doch Nissan tut etwas. Und da kommt die “größere” Batterie zum Tragen.

Wobei die Batterie an sich nicht größer ist. Sie braucht so viel Bauraum wie zuvor. Vergleich man die Batterie des Elektroautos mit dem Tank eines “Fossil-KFZs”, dann nutzt der Leaf ab sofort keinen größeren Tank. Batterie-Technik ist aber eben nicht so simpel, wie Benzin in einen Tank zu schütten. Im neuen Leaf mit 30 kWh-Akku bestehen die Akkupakete nicht mehr aus Lithium-Mangan, sondern aus einem Lithium-Mangan-Nickel-Kobaltoxid (NMC) Aufbau und damit konnte man die Energiedichte des Batterie-Paketes steigern. Aus den 24 kWh wurden 30 kWh. Wobei die 24 kWh-Variante des Leaf im Angebot bleibt und nun 730 € günstiger angeboten wird.

Schleichfahrt

Im NEFZ-Zyklus steigt die Reichweite des Nissan Leaf (30 kWh) somit von 199 auf 250 Kilometer und damit ist der erfolgreichste Stromer nun auch das E-Auto mit der größten Reichweite. Lässt man den Premium-Schlitten von Tesla und das Wasserstoff-Auto von Toyota außen vor.

250 km Reichweite – die sollten doch locker reichen, um von Nizza aus den Col de Turini zu befahren und dann wieder zurück zur mondänen Küstenstadt zu kommen. Ein Rundkurs unter 180 Kilometern sollte für den Leaf machbar sein. Jetzt. Mit dieser “großen” Batterie.

Aus Nizza heraus quält sich der Berufsverkehr durch enge Gassen. Stop & Go. Die wichtigste Domäne des E-Mobils. Fast lautlos, nur ein leises Surren des weiterhin 109 PS starken E-Motors ist zu hören. Es soll von der Küste auf über 1.600 Meter hinauf gehen, trotz voller Akkus startet die Fahrt daher im Eco-Modus. Alles geschieht dann ein wenig gedämpfter.

Die 255 Nm des E-Motors verstecken sich dann ein wenig hinter der teigig-sanften Abstimmung des “Strom-Pedals”. Gas darf man ja nicht mehr sagen.

Newtons-Meter, eine Menge!

Die ersten 10 Kilometer geben uns die Zeit, den weiterhin Golf großen Leaf kennen zu lernen. Sein Äußeres ist mit “anders” ganz gut beschrieben. Glubschige Augen, darin LED-Scheinwerfer (optional), ein runder Hintern, schmale und hohe Rückleuchte. Im Innenraum merkt man auch gleich, hier ist alles ein wenig anders. E-Mobilität scheint sich optisch absetzen zu müssen.

Und E-Mobilität kann Fahrspaß bedeuten. Die Dominanz eines jederzeit abrufbaren Drehmomentes lässt die erst einmal absurde Idee, auf den Spuren der Rallye-Boliden den Col de Turini zu “besteigen”, plötzlich als notwendige Lustaufgabe verstehen. Ab Sospel wird aus der Landstraße ein Passstraße. Links, rechts, ständig ändern sich die Kurvenwinkel. Schroffe Felshänge, beängstigende Abhänge. Und es geht bergauf, ständig. Die 255 Nm finden sich zum Dienst. Jederzeit. Kein Turboloch, kein Drehzahlkeller und nie im falschen Gang. Wer den Kurvenscheitel trifft, der lässt ab dort den E-Motor die rund 1.5 Tonnen des Leaf ordentlich den Berg hochziehen.

So sollte das eigentlich immer sein.

Das Fahrwerk des Leaf freut sich derweil über den niedrigen Schwerpunkt der ganzen Fuhre. So lassen sich Fahrkomfort und vertretbare Kurvenneigungen vereinbaren, ohne gleich auf ein super aufwendiges Fahrwerk setzen zu müssen.

Die Sitze wurden jedoch nicht optimiert. Hier wird eher klar worum es beim “Leaf” geht. Stadtmobil, Landmobil und nie besonders lange hinter dem Steuer. Einfaches Einsteigen, keine tiefe Sitzposition, eher Praktikabilität für den Alltag. Dazu passend auch der Kofferraum, mit 370 Litern darf er sich ruhig die Erwähnung im Artikel wünschen.

Ionen einsammeln

Auf der Passhöhe hat der Akku 70% seines Vorrates an kraftstrotzenden Ionen eingebüßt, die rund 220 Kilometern Reichweite beim Start sind Geschichte (Klimaanlage an und die ersten Meter ohne Eco-Mode “on” ließen die Reichweitenanzeige pessimistisch werden). Am Pass bleiben gute 30 Kilometer Restreichweite (oder 4.9 kWh) übrig. Zu wenig, um zurück nach Nizza zu kommen. Und auch wenn es mittlerweile über 2.000 Schnelllader in Europa gibt, hier oben, wo man in stillen Nächten noch das wütende Schnattern von Wastegate-Ventilen hören kann, hier gibt es maximal “Kriechstrom” aus der Steckdose.

Bergab kommt jedoch Vorteil II des E-Mobils zum Tragen: Der Wechselstrom-Motor wird zum Dynamo und mit maximal 30 kWh lädt er die kinetische Energie der Bergabfahrt wieder in Ionen-Power. Der kleine Joystick, der als Schalthebel-Ersatz zwischen Fahrer und Beifahrer sitzt, bietet einen “B-Modus”. Sobald dieser aktiviert ist, rekuperiert der Leaf bereits beim Loslassen des “Stromer-Pedals”. Bremsen wird so, vor allem in der Stadt, fast unnötig. Maximale Rekuperation ist aber nicht immer sinnvoll, in der Ebene kann das “Rollen lassen” effizienter sein. Was einmal in Bewegung ist, soll man nicht bremsen.

Den Col de Turini hinunter ist bremsen jedoch – pardon – rekuperieren, immer eine gute Idee. Nicht zuletzt, um die Bekanntschaft mit den absurd winzigen Streckenbegrenzungen zu vermeiden. Auf der einen Seite zerschellt man mit Inbrunst am Berg, auf der anderen Seite fällt man zuvor unfassbar tief. Beides keine gute Idee.

Fahrbericht Test 003 Nissan Leaf 2016 30 kwh

Nissan Leaf – Kann jetzt länger und weiter

Eigentlich ist der neue “Leaf” auch der alte. Die Überarbeitung hält sich in Grenzen. Gut, eine Wärmepumpe für die Heizung, ein neues Multimedia-System, mehr Cleverness beim Rekuperieren und eben eine um 26% gesteigerte Reichweite. Kein E-Auto seiner Klasse kann länger elektrisch durchhalten. Den Leaf mit 24 kWh-Batterie behält Nissan im Angebot, wer die Batterie mietet (79 € im Monat), der steigt mit 23.060 € in die elektrische Golfklasse ein.

Mindestens 28.060 € muss rechnen, wer den Reichweiten-Vorteil des neuen Energie-Packs erfahren will. Und natürlich sind wir wieder in Nizza angekommen. Mit mehr Restreichweite als am Col de Turini zur Halbzeit. So ist das mit dem rekuperieren, da muss man sich auch erst einmal daran gewöhnen.

Der Fahrzeugschein für den Nissan Leaf 30 kWh

Verkaufsstart:  Sofort
Basispreis:  Ab 28.060 €
Motorleistung:  109 PS
Antrieb und Getriebe:  1-Gang Automatik
Beschleunigung:  11.5 Sekunden für 0-100 km/h
Verbrauch – kombiniert:  15 kWh / 100 km NEFZ-Norm
Höchstgeschwindigkeit:  144 km/h (el. begrenzt)
Länge, Breite, Höhe, Radstand  4.445, 1.770, 1.550, 2.700 mm

 

 

Alle Fotos: Nissan. Ausnahme: Titelbild: Von Johannes Boehm!
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